Mittwoch, 20. Juli 2011

Psilocybin Tripbericht

Ein erster Trip über Pilze zugesendet von Zypus <--DANKE.
Seit es Menschen gibt, streiten sie sich; mal mehr Mal weniger. Es gibt viele Streitthemen, doch kaum eines polarisiert mehr als die illegalen Drogen.

„Schließlich hat es ja einen Grund, dass diese Substanzen verboten sind.“, ist das Argument vieler. „Wer illegale Drogen konsumiert, zerstört sein Leben, schadet anderen Menschen, ist asozial und kriminell! Genau so ist das, man hört es doch überall; im Fernsehen, im Radio, in der Zeitung. Du liebe Güte, was sind das nur für abgestürzte Menschen, die Ecstasy auf Partys nehmen? Es gibt doch Alkohol; der ist nicht einmal ansatzweise so gefährlich wie diese kleinen bunten Pillen, deswegen ist er ja erlaubt! Oder diese Leute, die sich treffen um Drogen zu nehmen. Leute die dann zusammensitzen, Pupillen haben, die groß wie Centstücke sind und wirres Zeug reden; eventuell noch auf dem Zeug hängenbleiben, das sie sich reingepfiffen haben. Ich hatte schon von einem gehört, der mit einer Banane einen Nagel in die Wand hauen wollte… So will ich nicht enden! Nein, ich bleibe beim Alkohol! Der ist ja erlaubt, da kann mir nichts passieren; denn was erlaubt ist, kann schließlich nicht so gefährlich sein!“

Tja, früher hatte ich noch genauso gedacht. LSD und Meskalin, Ecstasy und Amphetamin, Crystal und Kokain, Heroin, Cannabis – das war für mich dasselbe. Wie eine Substanz wirkt, brauchte ich nicht zu wissen. Was ich wusste: Drogen sind schlecht und gefährlich, davon sollte man die Finger lassen! Und dieses Wissen reichte mir vollkommen; ich hatte nicht vor, jemals (diese bösen, bösen) Drogen zu nehmen!

Als mir mein bester Freund eines Tages von seinen ersten Erfahrungen mit Ecstasy erzählte, machte ich mir Sorgen um ihn. Es war ein Gewissenskonflikt: Er war immerhin mein bester Freund, doch dass er Drogen konsumierte, ließ in mir Verachtung gegen ihn aufkommen. Ich versuchte ihn davon abzubringen, weiterhin dieses Zeug zu konsumieren; er dagegen versuchte mich davon zu überzeugen, es auch einmal zu probieren. Bis am 4.4. des Jahres 2008 zum Geburtstag eben dieses Freundes meine Neugier die Oberhand gewann. Man gab mir zwei kleine „blaue Piks“ in die Hand, von denen ich erst nur eine einnahm, die andere folgte 3 Stunden später. Es sollte die bis zu diesem Tag schönste Nacht meines Lebens sein!

Zwei Jahre gingen ins Land und ich hatte seit dieser Nacht mit den „blauen Piks“ nur gelegentlich noch Kontakt mit den ehemals so verhassten und verteufelten Drogen. Dreimal etwas Kokain, einmal MDMA-Kristalle und einmal Gras, sonst nichts – bis August 2010. Es stand ein Festival bevor, das Anfang August auf einer stillgelegten NATO-Raketenbasis im Hunsrück stattfinden sollte. Während dieses Festivals kam ich in Kontakt mit so ziemlich allem, was im Betäubungsmittelgesetz aufgeführt und als „nicht verkehrsfähig“ eingestuft war. Da gab es doch tatsächlich jemanden, der kleine, bunt bedruckte Papierchen und eklig aussehende Trockenpilze verkaufte… Ich hatte echt keine Ahnung! Eine Freundin klärte mich auf: Bei den Papierchen handelte es sich um „Tickets“, die LSD enthielten und in den Pilzen steckte eine Substanz (Psiloirgendwas…), die einen mit LSD vergleichbaren Rausch erzeugen sollte. Schön, ich wusste ja nicht mal wie LSD wirkt, abgesehen davon dass es Halluzinationen erzeugen konnte...

Nach dem Festival war mein Interesse geweckt. Ich informierte mich über die Substanzen die mir dort untergekommen waren. Besonders angetan hatte es mir das LSD-Papier. Wie konnte ein kleines fingernagelgroßes Papierschnipselchen solch eine Wirkung haben? Ich stieß in dieser Zeit auf das Land der Träume, wo ich dutzende Tripberichte verschlang. Von einschneidenden Erkenntnissen und wunderbaren, göttlichen Erfahrungen wurde da berichtet. Aber auch schreckliche Horrortrips und tiefste Urängste waren Themen in diesen Berichten.

Ich wollte dieses Wunderzeug probieren und selbst einmal eine solche Erfahrung machen, scheiterte aber bei der Beschaffung, da ich einfach nicht die „richtigen“ Leute kannte. Alles was ich geboten bekam war meist nur schlechtes Speed oder ebenso schlechtes Koks für 80 Taler das Gramm… Woher ich wusste, dass es schlechtes Zeug war? Nun, aus Fehlern lernt man ja bekanntlich... Auf meine Fragen nach dem LSD bekam ich meist nur „Tickets? Lass die Finger davon, da bleibst‘ eh nur drauf hängen!“ oder „Nee, hab ich nicht.“ als Antwort. Na toll...

Ich erinnerte mich; hatte man mir nicht gesagt, die Wirkung dieser Pilze sei mit der von LSD vergleichbar? Also wieder ab ins Land der Träume zum Tripbericht-Lesen. In der Tat schien ein Pilztrip dem LSD-Trip ähnlich zu sein; so entnahm ich es zumindest den vielen Tripberichten. Weitere Nachforschungen ergaben, dass diese Pilze im Vergleich zu LSD auch noch relativ einfach zu beschaffen waren; entsprechende Zuchtboxen mit lebendem Pilzmyzel konnte man sich einfach im Internet bestellen. Gesagt, getan!

Von damals bis heute folgten ein paar Trips, jeder auf seine Weise wundervoll und wahnsinnig anstrengend zugleich. Sie waren sich alle sehr ähnlich und trotzdem grundverschieden; allen gemein war jedoch, dass ich, sobald die Wirkung einsetzte, andauernd gähnen musste... Im Folgenden will ich allerdings nur den ersten Trip näher beschreiben, da dieser bis jetzt die für mich intensivste Erfahrung bereithielt.

Ich habe sehr lange überlegt, wer mein Mit-Tripper werden sollte, denn allein wollte ich meine erste Reise nicht antreten. Ich hatte einfach nicht die richtigen Freunde für psychedelische Reisen. Diejenigen meiner Freunde, die gelegentlich Drogen konsumierten nahmen nur alle möglichen Arten von Uppern, sowie Gras zu sich; mit „echten“ Psychedelika hatte von diesen Leuten keiner etwas zu tun. Das wollten sie auch nicht, sie waren allesamt der Meinung, Psychedelika seien zu gefährlich (Hängenbleiben…). Bis auf eine (Ich nenne sie mal Felicia – ein wunderbarer Name, findet ihr nicht?), die den meisten Drogen sehr offen gegenübersteht. Sie hatte mir vor einiger Zeit von einem LSD-Trip, den sie zusammen mit zwei anderen Mädels erlebt hatte, erzählt. In diesem Zusammenhang meinte sie, dass sie auch gern mal Pilze probieren würde.

Also rief ich eines Mittwochabends Felicia an, sie hatte Zeit und war -wie ich - guter Dinge (wegen des Sets), was die Pilze anbelangte. Wir verabredeten uns um 22 Uhr bei ihr Zuhause.



-Der Trip-

Bei Felicia angekommen machte ich es mir auf ihrem Sofa bequem und wir unterhielten uns über verschiedene Banalitäten während sie ihr Zimmer auf Vordermann brachte. Derweil wog ich die Pilze ab; 1 Gramm Mexikaner sollte es für jeden von uns vorerst sein. Schließlich wollten wir es nicht übertreiben; ich und Felicia konnten die Dosis schlicht nicht einschätzen und wollten lieber erst einmal zu wenig als Zuviel… So nahmen wir die Pilze zusammen mit viel Orangensaft ein. Den Geschmack fanden wir beide nicht unangenehm; es schmeckte eben nach Pilz… Es war ziemlich genau 23 Uhr.

Die Zeit verging und ich merkte nach ungefähr 20 Minuten zeitgleich mit Felicia eine Wirkung die uns an einen beginnenden Alkoholrausch erinnerte. Abgesehen von diesem Gefühl der leichten Trunkenheit merkten wir noch keine großartige Wirkung – weder optisch noch gedanklich. Nach einer Dreiviertelstunde beschlossen wir, noch 0,5 Gramm nachzulegen. Ca. 15 Minuten nach Einnahme merkte ich dann erst, dass ich anders war als sonst; ich lachte über die albernsten Dinge und wurde irgendwie immer verpeilter. Ich machte Fehler beim Sprechen; sprach manche Worte falsch aus und verdrehte manche Worte im Satz - was Felicia ungemein lustig fand. Ich dachte schon sie wollte sich über mich lustig machen, da grinste sie mich an und sagte: „Was sein los mit dir? Du gelernt hast Sprechen bei Meister Yoda?“. Das Ergebnis dieses Satzes war ein Lachanfall der mich beinahe umgebracht hätte, weil ich vor lauter Gelächter fast keine Luft mehr bekam. Der Gedanke, sie könnte sich über mich lustig gemacht haben schien mir ferner denn je… Es war jetzt kurz vor Mitternacht, wir beschlossen noch weitere 0,7 Gramm zu nehmen und dann nach draußen zu gehen; es war eine milde Januarnacht. Und so machten wir es.

Also waren wir draußen unterwegs, wussten nicht, wohin wir gehen sollten, wollten einfach nur draußen sein. Die Ortschaft war vollkommen verlassen und das war auch gut so; ich wollte in diesem verpeilten Zustand niemand Fremdem begegnen. Ich wohnte schon seit knappen fünfzehn Jahren hier im Ort, ich kenne ihn in- und auswendig, dennoch kam mir alles sehr seltsam und unvertraut vor. Ich sah keine bewussten Halluzinationen, hatte aber wie Felicia das Gefühl, alles was ich sah war von größerer Schönheit als im Normalzustand; die kahlen Bäume, die feucht glitzernde Straße, ich hatte sogar den Eindruck, die Luft röche „reiner“ als sonst... Als ich für einen kurzen Moment in tiefstes Dunkel blickte, sah ich kurz ein Muster, welches ich für eine optische Täuschung hielt. Es erinnerte mich an Muster die ich schon auf Bildern von aztekischen Gebäuden gesehen hatte; alles in merkwürdigen Rot-Grün-Blau, ähnlich der Interferenzfarben von Motoröl auf Wasser… Ich erzählte meiner Begleiterin davon, die war aber zu diesem Zeitpunkt nur körperlich anwesend und viel zu sehr mit nichtweltlichen Dingen beschäftigt („Oohh, woow, ist das toll, unglaublich!“)…

Wir waren eine gefühlte halbe Stunde unterwegs (tatsächlich waren es 10 Minuten), als wir uns am örtlichen Bahnhof der gleich neben Felicias Wohnung lag, niederließen um uns zu unterhalten. Der Bahnhof war der einzige Bereich im Ort, dessen Beleuchtung nicht ausgeschaltet gewesen war. So saßen wir da und unterhielten uns darüber, wie komisch und unvertraut alles war. Für mich fühlte sich die ganze Szene am Bahnhof so an, als ob ich und Felicia die einzigen beiden Wesen wären, die jetzt in diesem Moment auf der Welt existierten. Ich beschrieb ihr dieses Gefühl wie ein Level in einem Computerspiel in dem man zwar über die Grenzen der Spielwelt hinwegsehen, aber nicht über jene Grenze hinwegschreiten konnte. In unserem Fall wäre die Grenze die umliegende Dunkelheit. Sie stimmte mir zu, denn sie hatte eigenartigerweise denselben Eindruck.

Nach Zehn Minuten des Schweigens und Staunens wandte ich den Blick Felicia zu, die den Kopf in den Nacken gelegt hatte und fasziniert die Decke bzw. das Dach des Wartehäuschens betrachtete in dem wir saßen. Das Dach war ursprünglich lichtdurchlässig gewesen, hatte diese Eigenschaft aber nach Sieben Jahren bei Wind und Wetter weitestgehend eingebüßt, sodass nur noch an einzelnen Stellen Licht hindurchdringen konnte. Ich fragte sie, was sie gerade beobachtete. Sie beschrieb mir was sie sah; das Dach sah für sie wie das innere eines Bienenstocks aus: „Da sind hunderttausende von Waben, ich seh‘ sie ganz genau. Überall kleine Bienchen, die sind so schön! Und da in der Ecke ist ganz viel Honig!“ Halleluja, die hat’s ja ganz schön erwischt! Ich freute mich für sie, sah sie doch so glücklich und zufrieden aus. Trotzdem war ich neidisch. Wo waren denn bitte meine Optics geblieben? „Ich will auch was sehen, Menno!“, sagte ich und Felicia fing an zu lachen. „Hahaha, ‚Menno‘ hab ich das letzte Mal gesagt, als ich Zehn war!“. Wir gingen Weg vom Bahnhof und ich fragte mich für einen kurzen Moment, ob ich gegen eine unsichtbare Mauer laufen würde…

Es muss um 1.30 Uhr gewesen sein, als wir bei Felicia Zuhause ankamen. Ich ging schon in ihr Zimmer, sie hatte noch etwas im Badezimmer zu erledigen. Ich hatte beschlossen, noch ein paar Pilze zu nehmen, dachte mir „Alles oder nichts!“ und wog mir weitere Zwei Gramm ab. Ich saß auf dem Boden hatte die Pilze und eine Capri-Sonne vor mir und wartete auf meine Begleiterin, die nun schon eine gefühlte halbe Stunde auf dem Klo verbracht hatte. Da kam sie nun endlich herein, mit dem Gesichtsausdruck eines Menschen der glücklicher nicht sein konnte. Sie strahlte mich an und sagte: „Ist dir aufgefallen wie wunderschön alles aussieht? – Was machst du da? Willst du die echt noch essen?“, – sie hatte die Pilze gesehen, die vor mir lagen. Sie legte sich auf ihr Bett, ich zerkaute die Pilze die mittlerweile ziemlich eklig schmeckten und würgte sie mit viel Capri-Sonne herunter, die plötzlich pappsüß schmeckte.

Wir schauten uns zusammen das Nachtprogramm von RTL an; wir nannten es „Assi-TV“, und es war unheimlich faszinierend. Wir fragten uns, ob die Handlung der Sendung „Familien im Brennpunkt“ tatsächlich so absurd war oder ob es nur die Pilze waren, die alles so merkwürdig abstrus erscheinen ließen. Ich verlor irgendwann das Interesse am „Assi-TV“, legte mich seitlich auf den Boden und schloss die Augen, da ich das Gefühl hatte, ziemlich müde zu sein, musste andauernd gähnen und fühlte mich sehr schwer. Ich lag vielleicht Zwei Minuten so da, als mir bei geschlossenen Augen dieselben Muster auffielen, die ich zuvor gesehen hatte, als wir draußen unterwegs waren. Ich wusste nichts damit anzufangen, hielt die Muster abermals für eine optische Täuschung, öffnete die Augen und drehte mich auf den Rücken. Meine Füße legte ich auf Felicias Bett, der Rest von mir lag noch immer auf dem Boden. Ich begann zu weinen, ganz leise damit Felicia nichts mitbekam. Ich wollte nicht, dass sie denkt, mir ginge es nicht gut, dem war nämlich keineswegs so. Vielmehr verspürte ich eine nie dagewesene Glückseligkeit und tiefste Zufriedenheit mit mir und meinem Leben; ich weinte vor Glück! Ich lag da am Boden, zutiefst ergriffen von der Schönheit des Lebens und weinte stumme Tränen des Glücks, die mir die Wangen herunterrannen. „Oh Gott, das darf niemals aufhören!“, dachte ich. Als ich aufgehört hatte zu weinen, setzte ich mich auf und sagte „Weißt du, ich verstehe nicht, warum Pilze verboten sind. Ich finde, jeder sollte einmal dieses Glück verspüren dürfen, damit er weiß, wie schön die Welt und das Leben ist! – Äh, warum liegst du so komisch da?“ Felicia lag in einer ziemlich merkwürdigen Position auf dem Sofa; ich hatte nicht bemerkt dass sie sich dort hingelegt hatte. Sie lag dort fast kopfüber mit den Füßen auf der Rückenlehne und ließ ihren Kopf von der Sitzfläche herunterhängen. In einer Hand hielt sie eine Zigarette. Sie lächelte mich an und sagte: „Schön dass es jetzt auch bei dir wirkt! Hm, ich liege nicht komisch, ich liege so, wie ich mich fühle!“ Was für ein witziger Satz das war; ich verstand erst auf meinem zweiten Trip, wie sie ihn gemeint hatte...

Ich raffte mich vom Boden auf, weil ich ziemlich dringend zur Toilette musste und verließ das Zimmer. Ich schaltete das Licht im Gang ein und ging auf die Gästetoilette. Während ich auf dem Klo saß bemerkte ich erstmals bewusst Halluzinationen bzw. optische Veränderungen. Die Grau melierten Fliesen hatten begonnen sich zu verschieben, sie schienen ganz leichte Wellen zu schlagen, so wie eine Fahne im Wind. So sieht das also aus, wenn man von Optics spricht! Ich konnte mich nur schwer von diesem Anblick losreißen, stand auf und wusch mir die Hände. Mein Blick blieb an meinem Spiegelbild kleben. So hatte ich mich noch nie gesehen. Ich sah so toll aus! Meine riesigen Pupillen waren zwar grässlich anzusehen, der Rest meines Gesichtes war dafür umso schöner! Ich hatte mich bestimmt zehn Minuten lang im Spiegel betrachtet als mir klar wurde, dass sich Narziss genauso gefühlt haben muss, als er sein Spiegelbild im Wasser erblickte… Ich riss mich von Spiegel los, öffnete die Tür und schaltete das Licht im Hinausgehen aus, da stand ich plötzlich in vollkommener Dunkelheit, was einen totalen Orientierungsverlust zur Folge hatte. Wer hatte verdammt nochmal das Licht ausgemacht? Ich war schon öfter bei Felicia Zuhause gewesen und fand den Weg vom Klo in ihr Zimmer bei Dunkelheit selbst im Vollsuff. Doch in diesem Zustand war das eine ziemliche Herausforderung. Ich hatte die Befürchtung, eine falsche Tür zu öffnen und plötzlich im Schlafzimmer der Eltern zu stehen; ich wusste nicht mehr, wo ich im Raum stand. Also versuchte ich, irgendeinen Orientierungspunkt zu finden (Licht unter der Tür), scheiterte aber kläglich daran, da sich mittlerweile ziemlich intensive, farbige Fraktal- und Aztekenmuster (eindeutig keine Täuschung) durch mein Blickfeld zogen. Ich bekam Panik; was wenn mich die Eltern so vorfänden? Was sollte ich ihnen sagen, warum ich so hilflos und verwirrt im Dunkeln herumstand? Ich hätte vermutlich nichts herausgebracht oder wäre total ausgerastet. Mit der rechten Hand fühlte ich die Oberfläche eines Schranks; ich wusste jetzt Gott sei dank, wo ich war: Links vom Schrank war die Tür zu Felicias Zimmer. Ich war sehr erleichtert; als ich das Licht des Fernsehers unter der Tür durchscheinen sah, öffnete die Tür und ging hinein. Felicia grinste. „Hast du eine Reise gemacht oder bist am Spiegel hängen geblieben?“ - „Beides. Erst Spiegel, dann Reise...“ Wir lachten . Die Panik, die ich vor einem Moment draußen im Gang noch hatte, war wie weggeblasen.

Ich kuschelte mich in eine Wolldecke, die mir Felicia zuvor gegeben hatte und setzte mich in ihren superbequemen Bürodrehstuhl. Meine Füße legte ich auf die Armlehne des Sofas, das nur einen Meter von mir entfernt stand. Es war einfach nur wunderbar, in diesem Stuhl zu sitzen; ich konnte mir in diesem Moment keinen schöneren Platz zum Sitzen vorstellen. Die Optik begann sich immer stärker zu verändern; alles schlug dezente purpurfarbene Wellen. Das einzige was sich optisch nicht bemerkbar veränderte, war das Bild des Fernsehers – wohl aber die Menschen die darin zu sehen waren. Sie waren allesamt hässlich, ohne Ausnahme! Waren diese Leute wirklich so hässlich oder bildete ich mir das nur ein? Und wenn schon ich mir das nur einbildete, es war urkomisch! Jede einzelne dieser Fratzen war so witzig anzusehen; ich lachte lauthals los. Von meinem Gelächter angesteckt stimmte auch Felicia mit ein und wir lachten eine gefühlte Viertelstunde lang Tränen. Irgendwann wurden die Fratzen langweilig, Felicia ging aus dem Zimmer und ich saß allein auf dem Bürodrehstuhl in ihrem Zimmer.

Ich schloss die Augen … und blickte in einen Tunnel aus Farben! Farben und Formen wie ich sie noch nie gesehen hatte. Farben und Formen die sich bewegten, sich verschlangen, explodierten, verflossen, erblühten und miteinander tanzten. Bei diesem Anblick überkam mich augenblicklich ein Gefühl der Euphorie wie ich es noch nicht mal auf meinem bisher heftigsten MDMA-Rausch verspürt hatte. Ich wusste, dass diese Bilder die ich gerade sehen konnte ein Produkt meines Gehirns waren und empfand Stolz und Ärger zugleich. Stolz, weil mein Gehirn in der Lage war, derart wunderbare Bilder zu erzeugen; Ärger darüber, dass ich im nüchternen Zustand nicht so kreativ sein konnte. Und so lag ich da und weinte wieder vor Glück, während Farben, Formen und Muster meine Augenlider in eine ultimative psychedelische Kinoleinwand verwandelten. Es war ein vollkommener Moment voller Geborgenheit und tiefster, nie gekannter Liebe, die ich für den kleinen blauen Planeten Erde und all seine Bewohner empfand. Mein Geist war Eins mit der Welt; Felicias Zimmer war lediglich der Ort wo mein Körper momentan sein sterbliches Dasein fristete.

Ich lag mindestens eine von Glückseligkeit erfüllte Stunde in diesem Bürostuhl und merkte gar nicht, wann die Gedankenflut einsetzte - geschweige denn, wann Felicia wieder ins Zimmer kam. Als ich die Augen öffnete lag sie wieder in ihrem Bett; vermutlich schlief sie. Ich stand langsam auf und stellte mich ans offene Fenster. Draußen sah es einfach wundervoll aus; es war zwar noch dunkel, aber die Straßenbeleuchtung war inzwischen wieder eingeschaltet worden. Ich stand eine ganze Weile da und betrachtete fasziniert, wie allmählich schwächer werdende Aztekenmuster sich zwischen den Sternen hindurchschlängelten. Ein Gefühl physischer Größe überkam mich – als könnte ich mit meinen Armen die ganze Erde umfassen. Ich dachte an all die Menschen, die ich so sehr liebe. Dachte daran, dass sie alle so weit weg waren. So weit weg und doch immer bei mir. Denn die Welt ist in mir. Und meine Geliebten sind Teil dieser Welt, die in mir ist. Ein wundervoller Gedanke! Ihr könnt mich wegsperren und isolieren, doch niemals solange ich lebe, werde ich wieder allein sein, denn die Welt, mit all jenen die ich so sehr liebe, wird immer in mir sein!

Felicia hatte nicht geschlafen. Für sie waren die vergangenen Zwei Stunden wohl ziemlich anstrengend gewesen. Ich fragte sie wie es ihr ging und sie erzählte mir, dass sie fürchtete, den Verstand verloren zu haben und überhaupt nicht mehr runterzukommen. Und weil sie mich nicht stören wollte, hatte sie sich einfach schlafend gestellt. Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich ihr von Herzen dankbar bin, dass sie sich so verhalten hat. Mein Trip wäre wohl anders verlaufen, hätte ich gewusst dass meine Begleiterin gerade einen Bad-Trip durchstand. Dennoch, so wie es war, war es (für mich jedenfalls) perfekt! Danke Felicia!

Wir sahen uns noch etwa eine Stunde lang das Morgenprogramm im Fernsehen an und ich merkte wie meine Gedanken schubweise immer klarer und ich immer müder wurde. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, Felicia einfach allein zu lassen. Sie fragte mich aber glücklicherweise ob ich etwas dagegen hätte, bald nach Hause zu gehen, denn sie würde schlafen wollen. Gut, gesagt getan, wir verabschiedeten uns und ich umarmte sie. Ich war ihr sehr dankbar dafür, dass sie sich so rücksichtsvoll verhalten hatte, damit ich mich meinem Trip hingeben konnte. Dann trat ich die Heimreise an.

Auf dem Weg nach Hause merkte ich dann, wie Präsent die Wirkung des Psilocybins immer noch war. Einen klaren, vernünftigen Gedanken zu fassen wäre nicht möglich gewesen; so wollte ich niemandem begegnen, schließlich war mein leicht verwirrter Zustand auf den Konsum einer verbotenen Substanz zurückzuführen; daran dass ich in meiner Tasche noch ungefähr Zehn Gramm verbotene Trockenpilze hatte, dachte ich in diesem Moment nicht… Ich nahm die unmöglichsten Umwege über kleine Gassen, nur damit mir garantiert kein Mensch über den Weg lief. Aus einem Heimweg von 5 Minuten wurde so ein Weg von knapp 20 Minuten – glücklicherweise ohne dass ich jemandem über den Weg gelaufen bin…

Zuhause angekommen erwartete mich nur mein Kater, der lauthals miauend seinen Tribut in Form einer Dose Katzenfutter einforderte. Nichts da, sollte er sich doch eine Maus fangen, ich wollte nämlich nur noch schlafen! So wie ich war schmiss ich mich aufs Bett, streifte meine Schuhe ab und wickelte mich in meine Bettdecke. Wie wunderbar bequem es war! Wie auf Wolken! Ich schloss die Augen und bewunderte die immer noch vorhandenen bunten Muster während ich langsam in mein eigenes Land der Träume entschwebte und so wunderbar klar träumte wie schon lange nicht mehr.

Der nächste Tag war einer der schönsten Tage die ich je gelebt habe. Es war ein vollkommen wolkenloser, sonniger Tag gewesen – sehr selten für diese Jahreszeit. Zufall? Ich ging mit einem andauernden Lächeln durch den Tag und hatte das Gefühl ich steckte meine Mitmenschen mit meiner guten Laune an. Es strahlte aus mir heraus: Was ich letzte Nacht erfahren habe, wird mich für immer verändern!

8 Kommentare:

  1. toller bericht!

    und äußerst gute wortwahl.

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  2. TO SEE GOD AND BE GOD

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  3. Ich kenne es auch so gut :) Toll geschilder das erlebnis

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  4. wow du bist ein richtiges artikulationswunder in sachen tripbericht^^ ich werde bald auch meinen ersten Pilztrip erleben (spitzkegeliger Kahlkopf )
    Ich hoffe ähnliche Erfahrungen machen zu können wie du =)

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  5. ICH MUSS DAS ZEUG UNBEDINGT MAL AUSPROBIEREN! SCHEIßE!

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  6. Hat hier auch schon jemand Erfahrungen mit magischen trüffeln gemacht? Btw: toller Bericht. :D

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  7. Uff! Mir kommen schon beim Lesen die Tränen! Danke, sehr gut, bin sehr gespannt! :)

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  8. Bin schon lange am überlegen einen solchen Trip anzutreten. Jedoch können Pilze nicht nur so wunderbare Erlebnisse (wie hier geschildert) hervorrufen, sondern auch richtig scheiße werden, wovor ich ziemlich angst haben :/
    Aber wirklich sehr gut geschrieben! :)

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